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08.02.2016

Schweigepflicht des Arztes/des Notars nach Ableben des Erblassers

In einer Vielzahl von erbrechtlichen Auseinandersetzungen, in denen vor allem Testamente und Verträge aus der vorweggenommenen Erbfolge eine Rolle spielen, wird mit mangelnder Geschäftsfähigkeit bzw. Testierfähigkeit argumentiert. Die Folge daraus kann die Unwirksamkeit des Testaments bzw. des Vertrags sein. Oftmals verlassen sich Erblasser darauf, dass im Rahmen eines notariellen Testaments der Notar Feststellungen zur Testierfähigkeit trifft. Reicht dies tatsächlich?

Um ein Testament errichten zu können, ist Testierfähigkeit Voraussetzung. Eingangs einer notariellen Urkunde findet sich eine Feststellung darüber, inwieweit der Notar den Testierenden für testierfähig erachtet. Dies schreibt § 28 des Beurkundungsgesetzes vor. Allerdings ist ein Gericht später an diese Feststellungen nicht gebunden. Die Feststellung entfaltet lediglich indizielle Wirkung und kann allein aufgrund konkreter Umstände begründete Zweifel an der Testierfähigkeit nicht entkräften. Letztendlich ist auch ein Notar kein medizinischer Sachverständiger, kann also qualifiziert medizinisch gar nicht beurteilen.

Immer dann, wenn die Testierfähigkeit in Zweifel gezogen werden kann, bietet es sich in der Praxis an, Vorsorge im Sinne belastbare Beweise zu treffen, um späteren Argumenten in dieser Richtung vorzubeugen. So wird in der Regel empfohlen, über einen Psychiater oder einen Neurologen in zeitlicher Nähe mit der Testamentserrichtung die Testierfähigkeit feststellen zu lassen. Auch hieran ist das Gericht grundsätzlich nicht gebunden, so dass dieses Attest ebenfalls nur erhöhte Anforderungen an ein qualifiziertes Bestreiten der Testierfähigkeit stellt. Insofern ist es im Rechtsstreit häufig vonnöten, einerseits den Notar, andererseits den attestierenden Arzt als Zeugen zu vernehmen oder zumindest Genaueres zu seinen Wahrnehmungen und Feststellungen zu erfahren.

Ein Arzt und auch der Notar haben allerdings auch posthum seine ärztliche Schweigepflicht zu wahren und dürfen deshalb Zeugnis verweigern, solange der Patient sie nicht von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbindet. In Rechtsstreitigkeiten ist der Patient persönlich naturgemäß nicht mehr in der Lage, sie zu entbinden. Es bleibt dann lediglich, zu prüfen, ob der Patient gegenüber dem Arzt oder dem Notar zu Lebzeiten geäußert hat, dass Arzt und Notar Angaben machen dürfen. Gibt es eine solche Äußerung nicht, ist der mutmaßliche Wille des Verstorbenen zu erforschen, also zu prüfen, ob der Erblasser die Offenlegung mutmaßlich gebilligt oder missbilligt hätte, wobei dem Geheimnisträgern diesbezüglich eine weitgehend eigene Entscheidungsbefugnis einzuräumen ist (OLG Koblenz, Beschluss vom 23.10.2015 zum Az. 12 W 538/15).

Diese missliche Lage kann ein Erblasser nur vermeiden, indem er ausdrücklich eine Schweigepflichtsentbindung erklärt. Eine solche Erklärung kann direkt beim Arzt oder Notar abgegeben werden, darüber hinaus auch im Testament vermerkt werden. In aller Regel erweist sich eine solche Erklärung des Erblassers in der Praxis als äußerst nützlich.


Tags: Schweigepflicht, Testierfähigkeit,

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