Telefon: 0911. 37 66 94 4
13.01.2016

Rentenversicherung kann von Zeitarbeitsunternehmen Sozialversicherungsbeiträge nachfordern

Bereits mit Beschluss vom 14.12.2010, Aktenzeichen: 1 ABR 19/10, hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass die christliche Gewerkschaft – CGZP – nicht die Mindestvoraussetzungen erfüllt, um als Gewerkschaftsspitzenorganisation wirksame Tarifverträge abschließen zu können. Diesem Urteil folgten Beitragsnachforderungen der Rentenversicherungsanstalten. Für die Zeitarbeitsunternehmen, die den unwirksamen Tarifvertrag anwandten, bedeutete dies zum einen Nachforderungsansprüche bei der Vergütung nach dem sogenannten Equal-pay-Grundsatz (gleicher Lohn für gleiche Arbeit) durch die Arbeitnehmer, zum anderen aber auch Nachforderungsansprüche der Rentenversicherungsanstalten wegen höherer Sozialversicherungsbeiträge. Es folgten Sonderprüfungen, die in den Unternehmen die Höhe der Nachzahlungen feststellen sollten. Dass dieser Nachforderung Vertrauensschutzaspekte in die Wirksamkeit des Tarifvertrages entgegenstehen würden, wurde relativ schnell verneint. Es ist eben das Risiko eines jeden Unternehmers, welchen Tarifvertrag er zur Anwendung bringt.

Die Nachforderungsbescheide der Rentenversicherungsanstalten wurden angesichts des hohen Prüfungsumfangs zum Teil geschätzt. Gegen einen solchen Nachforderungsbescheid richtete sich Entscheidung, die nun vom BSG am 16.12.2015 erlassen wurde (BSG 16.12.2015, B 12 R 11/14 R).

Der klagende Betrieb betreibt Arbeitnehmerüberlassung. Das Unternehmen war Mitglied eines Arbeitgeberverbandes und wandte auf die Arbeitsverträge die zwischen diesem Arbeitgeberverband und der CGZP geschlossenen Tarifverträge an. Die beklagte Deutsche Rentenversicherung Bund hatte 2009 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 2005 bis 2008 durchgeführt und im Anschluss einen Nachforderungsbescheid über einen kleineren Betrag erlassen. In der gegen den Bescheid gerichteten Klage rügt die Klägerin neben der Verletzung des Vertrauensschutzgebots auch, dass die BAG-Entscheidung vom 14.10.2010 gegen das sogenannte Rückwirkungsverbot verstoße. Außerdem seien die Beitragsforderungen zu hoch bemessen worden, Schätzungen hätten nicht erfolgen dürfen.

Das Sozialgericht gab der Klage statt. Das Bundessozialgericht hob diese Entscheidung jedoch auf die eingelegte Sprungrevision wieder auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Zur Begründung führte es aus, dass eine abschließende Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Beitragsnachforderungsansprüche bestünden, noch nicht möglich sei. Zwar stehe der Nachforderung das Rückwirkungsverbot ebenso wenig entgegen wie ein Vertrauensschutzgebot, allerdings müsse die genaue Höhe der Forderung noch weiter geprüft werden. Die Beitragshöhe der Sozialversicherungsbeiträge richtet sich nach dem Lohn, der den Stammbeschäftigten des Entleiherunternehmens zu zahlen gewesen wäre. Eine verfahrensfehlerfrei Entscheidung, wie hoch diese Ansprüche sind, sei erst möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Hierzu gehört die notwendige Beiladung aller am Rechtsstreit beteiligten, also neben den betroffenen Beschäftigten, auch alle von den nachgeforderten Beiträgen begünstigten Sozialversicherungsträgern. Auch sind Tatsachenfeststellungen dazu nötig, welche Beiträge auf welche konkreten Entgeltansprüche entfallen und welche Beitragsanteile darüber hinausgehend auf einer grundsätzlich zulässigen Schätzung beruhen. Soll darüber hinaus eine Beitragsnachzahlung über die 4-jährige Verjährungsfrist hinaus erfolgen, bedarf es genauerer Feststellungen zum Vorsatz des Unternehmers, also zum Beispiel zu Kenntnis und Verhalten der im Betrieb verantwortlichen Personen.

Die Entscheidung beleuchtet erstmals die sozialversicherungsrechtlichen Aspekte der BAG Entscheidung vom 14.10.2010. Sie macht einmal mehr deutlich, dass es eine Sache ist, eine grundsätzliche Beitragsnachzahlung durch die Rechtsprechung zu ermöglichen, eine andere hingegen, diese dann auch konkret zu beziffern. Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung hier weitere Konkretisierungen vornimmt.


Tags: CGZP, Nachforderungsansprüche, Nachzahlung, Rentenversicherungsbeiträge,

Warning: Undefined array key "HTTP_REFERER" in /homepages/28/d627705990/htdocs/kanzlei-reichert.de/inc/classes/class.News.php on line 755
← zurück