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24.09.2015

Nebenkosten des vermietenden Eigentümers erst nach Beschlussfassung der WEG abrechenbar?

Der vermietende Wohnungseigentümer steht bei verzögerter Abrechnung des Hausgeldes innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft oft vor dem Problem, dass er zwar gegenüber seinem Mieter innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 BGB über die Betriebskosten abrechnen muss, um mit der Nachforderung aus der Abrechnung nicht ausgeschlossen zu sein; allerdings ist ihm diese Abrechnung regelmäßig erst dann möglich, wenn er seinerseits die – beschlossene – Jahresabrechnung der Hausverwaltung in Händen hält. Was aber ist, wenn ihm diese Abrechnung zum Ende der Abrechnungsperiode noch nicht vorliegt, bzw. der Beschluss hierüber nicht gefasst wurde?

Mit diesem Problem hatte sich das AG Offenbach (Urteil vom 7.7.2015, Aktenzeichen: 37 C 29/15) zu beschäftigen. Hier hatte ein vermietender Eigentümer die Betriebskosten des Jahres 2013 unter Bezugnahme auf die von der Verwaltung der Wohnungseigentumsanlage erstellte Jahresabrechnung im Jahr 2014 abgerechnet. Eine Beschlussfassung über diese Jahresabrechnung war jedoch in der Gemeinschaft noch nicht erfolgt. Aus verschiedenen Gründen kam es zu diesem Beschluss nicht und es ist auch völlig unklar, ob ein solcher überhaupt in der nächsten Zeit gefasst werden wird. Der Vermieter klagte jedenfalls den Saldo aus der Betriebskostenabrechnung nach der nicht beschlossenen Jahresabrechnung der Hausgemeinschaft gegenüber dem Mieter ein.

Bereits in einem Vorprozess zwischen den Parteien hatte der damals zuständige Richter eine Klausel im Mietvertrag der Parteien für unwirksam erklärt, nach der die Heizkosten erst nach Beschlussfassung durch die WEG gegenüber dem Mieter abgerechnet werden dürfen. Nach Ansicht des Gerichts in dem Vorprozess verstößt nämlich eine Bindung des Mieters an die Beschlüsse der WEG gegen § 556 Abs. 4 BGB (AG Offenbach, Aktenzeichen: 37 C 107/13). In dem aktuell entschiedenen Verfahren folgte das Gericht jedoch der Auffassung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 23.3.2000, Aktenzeichen: 10 O 160/97); nach diesem Urteil kann ein vermietender Wohnungseigentümer nur die tatsächlich auf ihn entfallenden Betriebskosten auf den Mieter umlegen. Da die Zahlungsverpflichtung jedoch erst durch die beschlossene WEG-Abrechnung begründet wird, seien dem Vermieter vor Beschlussfassung der WEG noch keine Kosten entstanden. Damit verbiete sich auch eine Umlage auf den Mieter.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Argumentation aber nicht gefolgt werden. Der vermietende Wohnungseigentümer hat jederzeit die Möglichkeit, sich durch Einsicht bei der WEG-Verwaltung die Abrechnungsbelege zu besorgen und hieraus die Betriebskostenabrechnung zu erstellen. Auch wenn im vorliegenden Fall die Besonderheit bestand, dass im Mietvertrag eine Bezugnahme auf die WEG-Abrechnung erfolgte, so stehen die Kosten für die jeweilige Einheit nicht erst nach der bestandskräftigen Beschlussfassung der WEG fest. Unwirksamkeitsgründe der Hausgeldabrechnung der WEG ergeben sich schließlich aus vielen Gesichtspunkten; auch ist fraglich, wie in den Fällen zu verfahren ist, in denen der Beschluss über die Jahresabrechnung angefochten wird. Oftmals erfolgt eine Anfechtung wegen falscher Anwendung eines Kostenverteilungsschlüssels. Dies hat jedoch keinerlei Auswirkungen auf die Höhe der einzelnen Rechnungspositionen. Da nicht in jedem Mietvertrag die gleiche Umlage einzelvertraglich vereinbart wird, die im Verhältnis des Wohnungseigentümers zur WEG gilt, ist ohnehin fraglich, inwieweit die Hausgeldabrechnung mit den darin bezifferten Abrechnungssalden an den Mieter durchgereicht werden kann. Meist wird der vermietende Wohnungseigentümer eine eigene Nebenkostenabrechnung erstellen müssen, die dann zwangsläufig von der Hausgeldabrechnung mit den darin genannten umlegbaren Kosten abweicht. Im Hinblick auf die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 BGB ist jedem vermietenden Eigentümer daher dringend zu empfehlen, sich die der Abrechnung zu Grunde liegenden Abrechnungsbelege zeitnah vor Jahresende bei der Hausverwaltung zu besorgen. Hierauf hat der einzelne Eigentümer einen Anspruch, da die Abrechnungsbelege zum Verwaltungsvermögen gehören. Kommt es dann – aus welchen Gründen auch immer – zu Verzögerungen bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung, ist zumindest die Abrechnungsfrist bei formal ordnungsgemäßer Nebenkostenabrechnung gewahrt. Materielle Fehler könnten dann noch außerhalb der Jahresfrist korrigiert werden.


Tags: Beschlussfassung, Betriebskosten, Hausgeld, Nebenkostenabrechnung,

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