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27.11.2013

Kündigungsschutzklagen sind bei einer Insolvenz des Arbeitgebers nicht in jedem Fall gegen Insolvenzverwalter zu richten

Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die Arbeitsverhältnisse gehen nach einer Insolvenz zwar grds. auf den Insolvenzverwalter über. Etwas anderes gilt aber, wenn der Arbeitgeber nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine selbständige Tätigkeit ausübt und der Insolvenzverwalter diese nach § 35 Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse freigibt. In diesem Fall fällt die Verfügungsbefugnis an den Arbeitgeber zurück und sind etwaige Kündigungsschutzklagen gegen ihn und nicht etwa gegen den Insolvenzverwalter zu richten, so das BAG in einer Entscheidung vom 21.11.2013, Az.: 6 AZR 979/11.

Der Kläger war seit dem 6.5.2010 bei dem Einzelunternehmer E. als Kraftfahrer beschäftigt. Am 15.5.2010 kündigte E. das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich. Am 20.5.2010 wurde über das Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Einen Tag später erklärte der Beklagte gegenüber E., dass er die von ihm ausgeübte selbständige Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse freigebe.

Mit seiner am 1.6.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wollte der Kläger gegenüber dem beklagten Insolvenzverwalter festgestellt wissen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht fristlos, sondern ordentlich beendet wurde. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt; das LAG wies sie ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Das LAG hat die Klage zu Recht mangels Passivlegitimation des Insolvenzverwalters abgewiesen. Der Kläger hätte die Kündigungsschutzklage gegen E. richten müssen und nicht gegen den Beklagten.

Zwar geht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die bestehenden Arbeitsverhältnisse nach § 80 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über. Kündigungsschutzklagen sind daher grds. gegen den Insolvenzverwalter in seiner Eigenschaft als Partei kraft Amtes zu richten. Das gilt selbst dann, wenn die Kündigung noch vom Insolvenzschuldner erklärt wurde.

Übt der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber – wie hier – eine selbständige Tätigkeit aus und gibt der Insolvenzverwalter diese nach § 35 Abs. 2 InsO aus der Insolvenzmasse frei, fällt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis mit Wirksamwerden der Freigabeerklärung auch über die zu diesem Zeitpunkt bereits begründeten Arbeitsverhältnisse an den Schuldner zurück. Ab dann ist der Schuldner und nicht mehr der Insolvenzverwalter passiv legitimiert für eine Kündigungsschutzklage.

Quelle: BAG PM Nr. 71 vom 21.11.2013


Tags: beklagter Arbeitgeber, Insolvenz, Passivlegitimation,

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