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09.05.2013

Kündigung wegen Kirchenaustritts

Dem Urteil des Bundesarbeitsgericht vom 25. April 2013, Az.: 2 AZR 579/12 lag folgender Fall zugrunde: Der Kläger war seit 1992 beim beklagten Caritasverband als Sozialpädagoge beschäftigt. Er betreute Schulkinder bis zum zwölften Lebensjahr, wobei die Reli-gionszugehörigkeit der Kinder ohne Bedeutung ist. Es werden in der Nachmittagsbetreuung wieder religiöse Inhalte vermittelt, noch ist die Angehörigkeit zu einer bestimmten Religion Aufnahmevoraussetzung. Im Februar 2011 trat der Kläger aus der katholischen Kirche aus. Seine Entscheidung stützte er auf die zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen, sowie die Vorgänge um die „Piusbruderschaft“ und das Verhalten der katholischen Kirche im Zusammenhang mit diesen Vorfällen.

Das Kündigungsrecht folgt aus dem im Grundgesetz verankerten Selbstverwaltungsrecht einer Religionsgesellschaft, Art. 140 GG. Das Bundesarbeitsgericht führt hierzu aus: Art 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 WRV ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze selbst. Die-ses Recht kommt neben den verfassten Kirchen auch den ihnen zugeordneten karitativen Einrichtungen zu. Es ermöglicht ihnen, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst auch im Rahmen privatrechtlich begründeter Arbeitsverhältnisse entsprechend ihrem Selbstverständnis zu regeln. Nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse von 1993 ist der Austritt aus der ka-tholischen Kirche ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß, der eine Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters nicht zulässt. Im Kündigungsschutzprozess haben die Arbeitsgerichte zwischen den Grundrechten der Arbeitnehmer – etwa auf Glaubens- und Gewissensfreiheit – und dem Selbstbestimmungsrecht der Religionsgesellschaft abzuwägen.

Im vorliegenden Fall stellte das Gericht fest, dass der Kläger durch seinen Austritt gegen seine arbeitsvertraglichen Loyalitätsobliegenheiten verstoßen habe. Als Mitarbeiter einer katholisch geleiteten kirchlichen Einrichtung nahm der Kläger am „Sendungsauftrag“ der katholischen Kirche teil. Durch seinen Austritt verlor er nach dem Glaubensverständnis der Beklagten die Eignung für eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Dienstgemeinschaft. Abgewogen wurden hier die Glaubens-und Gewissensfreiheit des Klägers auf der einen Seite und das Selbstbestimmungsrecht der Beklagten andererseits. Im vorliegenden Fall entschied das Gericht, dass die Beklagte von den staatlichen Gerichten nicht gezwungen werden könne, im „verkündungsnahen Bereich“ einen Mitarbeiter weiterzubeschäftigen, der nicht nur in einem einzelnen Punkt den kirchlichen Loyalitätsanforderungen nicht gerecht geworden ist, sondern sich insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft losgesagt hat.

Der Kläger wird durch die Kündigung nicht iSv. § 1, § 7 AGG diskriminiert. Die Ungleichbehandlung wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 1, Abs. 2 AGG gerechtfertigt.


Tags: Arbeitnehmer, Kündigung, Loyalitätsobliegenheiten,

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