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02.02.2015

Kündigung einer Mietwohnung eines Betreuten muss dem Betreuer zugehen

Eine gegenüber einem Geschäftsunfähigen abgegebene Willenserklärung geht dem gesetzlichen Vertreter im Sinne von § 131 Abs. 1 BGB nur zu, wenn sie nicht lediglich faktisch in dessen Herrschaftsbereich gelangt ist, sondern auch an ihn gerichtet oder zumindest für ihn bestimmt ist. Hiervon ist jedenfalls dann nicht auszugehen, wenn das Kündigungsschreiben weder an den Betreuer adressiert ist, noch sich aus dem Inhalt des Kündigungsschreibens ergibt, dass es für den gesetzlichen Vertreter des unter Betreuung stehenden Mieters bestimmt sein soll [LG Berlin, Urteil vom 23.07.2014, Az.: 65 S 225/13].

Die Mieterin stand unter anderem auch für den Bereich Wohnungsangelegenheiten mit Einwilligungsvorbehalt unter Betreuung. Die Vermieterin sprach mit Schreiben vom 6.3.2012 eine fristlose Kündigung des Mietvertrags aus und stellte diese an die Mieterin zu. Mit Schreiben vom 15.3.2012 bestätigte die Betreuerin den Zugang der Kündigung. In der Berufung war nun die Frage zu klären, wem die Kündigung hätte zugestellt werden müssen und ob durch die Bestätigung der Betreuerin, die Kündigung erhalten zu haben, die Zustellung wirksam bewirkt wurde.

Eine gegenüber einem Geschäftsunfähigen abgegebene Willenserklärung geht dem gesetzlichen Vertreter im Sinne von § 131 Abs. 1 BGB nur zu, wenn sie nicht lediglich faktisch in dessen Herrschaftsbereich gelangt, er also nicht nur zufällig von dem Schreiben Kenntnis erlangt hat. Das ist regelmäßig dann nicht anzunehmen, wenn das Schreiben, dass die zuzustellende Willenserklärung enthält, an den Betreuten adressiert ist. Auch eine Heilung dieses Zustellmangels gemäß § 189 ZPO kam vorliegend nicht infrage. Die ZPO ist auf diesen Fall nämlich bereits nicht anwendbar. Das Kündigungsschreiben ist weder in Form einer amtswegigen Zustellung gemäß §§ 166 ff ZPO noch im Wege einer Parteizustellung gemäß §§ 191 ff ZPO (fehlerhaft) zugestellt worden. Die Zustellung erfolgt hier vielmehr außerhalb eines Rechtsstreits und damit außerhalb des Anwendungsbereichs der ZPO-Regelungen. Etwas anderes hätte nur dann gegolten, wenn die Zustellung der Kündigung durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers erfolgt wäre. Das war vorliegend allerdings nicht der Fall.

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt kam es daher aufgrund der formellen Unwirksamkeit der Kündigung auf die materiellen Kündigungsgründe nicht mehr an. Zu beachten ist allerdings, dass bei dem Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung diese nicht unbegrenzt ausgesprochen werden kann. Insofern ist eine Nachholung des Kündigungsausspruchs – diesmal unter Beachtung der formellen Anforderungen – in einem solchen Fall oft nicht mehr möglich.


Tags: Betreuung, Kündigung, Zugang,

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