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09.10.2013

Fahrtzeit einer Regalauffüllerin zwischen den Filialen ist bezahlte Arbeitszeit

Ein vertraglicher Ausschluss dahingehend, dass Fahrzeiten zwischen zwei Einsatzorten nicht als Arbeitszeit gelten, ist unwirksam. Der Arbeitgeber kann das Beschäftigungsrisiko nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen.

Die Klägerin war bei der Beklagten beschäftigt. Die Arbeit bestand darin, Auf- und Umbauten von Regalen im Einzelhandel vorzunehmen und insbesondere Regale aufzufüllen. Die Frau wurde mit ihren Kollegen abgeholt und dann zu den Geschäften, die teilweise in anderen Orten gelegen waren, gefahren.

Die Beklagte hat mittlerweile das Arbeitsverhältnis gekündigt. Die Klägerin verlangt u.a. noch die Zahlung von Arbeitsentgelt. Soweit die Beklagten davon ausgehe, dass sie nur die Zeit vergüten müsse, die sie den Kunden für die Arbeit im Handelsgeschäft in Rechnung stelle, sei dies zum einen nicht vereinbart worden und zum anderen rechtsunwirksam.

Das LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.06.2013, Az.: 5 sa 87/13, sah die Sache auch so.

Ob tatsächlich eine Vereinbarung zustande gekommen ist, wonach Fahrzeiten nach Arbeitsantritt nicht gezahlt werden, interessierte die Richter dabei nicht.

Denn selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, ist dies rechtsunwirksam. Denn diese Vergütungsvereinbarung bedeutet eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin im Sinne des § 307 BGB, weil grundsätzlich der Arbeitgeber das Betriebs- und Wirtschaftsrisiko zu tragen hat, das er nicht ohne Weiteres auf den Arbeitnehmer abwälzen darf.

Insgesamt sind Vertragsgestaltungen, die das Beschäftigungsrisiko auf den Arbeitnehmer verlagern, in der Regel unzulässig. Das gilt vor allem dann, wenn die Arbeitspflicht oder ihr Ruhen insgesamt nach Grund und Höhe einseitig in der Hand des Arbeitgebers liegt.

Genauso verhält es sich vorliegend. Eine zeitliche Inanspruchnahme der Klägerin war in ihrer Verteilung zwischen tatsächlicher Arbeitsleistung und Fahrten, nicht nur solche im Nahbereich, sondern auch zu weiter entfernten Betrieben, für die Klägerin vollkommen ungewiss und in keiner Weise von ihr beeinflussbar.

Noch weniger ist deutlich, was mit “vorgegebenen Abrechnungszeiten” gemeint sein soll. Dies könnte dahin verstanden werden, dass der Arbeitnehmer nicht nach der Arbeitsleistung bezahlt wird, die er geleistet hat, sondern einen Festbetrag erhält, den er bei Eintritt der Arbeit nicht kennen kann. Von daher wäre es nach der von der Beklagten beabsichtigten Vertragsgestaltung vom Zufall, insbesondere von den bei der Beklagten eingehenden Aufträgen und ihrer Verteilung der zu leistenden Arbeit abhängig, in welchem Ausmaß die Klägerin tatsächlich beschäftigt worden wäre. Dass dies mit der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung.


Tags: Fahrzeit als Arbeitszeit, Lohnanspruch,

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