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08.08.2013

Ersatz der zentralen Schließanlage bei Schlüsselverlust durch den Mieter

Der Mieter hat dem Vermieter bei Verlust oder sonstiger Nichtrückgabe eines ihm überlassenen Schlüssels bei Vertragsende Schadensersatz zu leisten, sofern er sich hinsichtlich seines Verschuldens nicht entlasten kann. Zu ersetzen sind im Fall eines zu einer Schließanlage gehörenden Schlüssels nicht nur die erforderlichen Kosten zur Wiederherstellung des fehlenden Schlüssels, sondern darüber hinaus auch die erforderlichen Kosten zur Erneuerung der Schließanlage. Dies gilt auch, wenn die Schließanlage tatsächlich nicht erneuert wird. So entschied das LG Heidelberg in einem Urteil vom 24.06.2013 – 5 S 52/12.

Der klagende Wohnungsvermieter verlangt vom Beklagten, seinem ehemaligen Mieter, Schadensersatz. Bei Mietende wurde dem Kläger lediglich ein Wohnungsschlüssel zurückgegeben. Der Kläger hatte dem Beklagten bei Mietbeginn allerdings zwei Wohnungsschlüssel übergeben, bei welchen es sich um Schlüssel einer Schließanlage handelte, die nicht nur zur Abschlusstür der Wohnung selbst, sondern auch zur Haustür und zur Tür des Kellerzuganges passen. Nach Auskunft des Klägers müssten nunmehr zum Ausschluss der Gefahr, dass sich Unbefugte mit dem fehlenden Schlüssel Zutritt verschafften, sämtliche 24 Zylinder der Schließanlage nebst jeweils zugehöriger Schlüssel ausgetauscht werden. Die Verwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft hat vom Kläger 1.468 EUR für den Austausch der Schließanlage des Anwesens gefordert, die der Kläger bislang nicht beglichen hat. Auch wurde die Schließanlage bis jetzt nicht ausgetauscht.

Nach Auffassung des LG Heidelberg hat der Kläger einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 249, 257 BGB. Der Beklagte habe durch die Nichtrückgabe eines der ihm vom Kläger überlassenen Schlüssel seine Obhuts- und Rückgabepflicht, § 546 I BGB, verletzt, die sich auch auf mitvermietetes Zubehör der Mietsache erstrecke. Hierzu gehöre der vom Kläger vermisste Schlüssel. Diese Vertragsverletzung sei vom Beklagten auch zu vertreten. Die endgültige Vorenthaltung eines dem Mieter anvertrauten Wohnungsschlüssels gehe über den vertragsgemäßen Mietgebrauch, in dessen Rahmen der Mieter Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache nicht zu vertreten hat, § 538 BGB, hinaus.

Dem Kläger sei in Gestalt der Inanspruchnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft, der gegenüber der Beklagte Erfüllungsgehilfe im Rahmen der den Kläger als Miteigentümer treffenden Schutzpflichten hinsichtlich des Gemeinschaftseigentums ist, §§ 241 II, 278 BGB, auch ein Schaden entstanden. Diese Verbindlichkeit umfasse über die Wiederherstellung des fehlenden Schlüssels hinaus auch die Kosten der Erneuerung der Schließanlage in dem erforderlichen Umfang.

Darauf, dass die Schließanlage bislang noch nicht ausgetauscht ist, komme es dabei nicht an. Ist wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so könne der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen, § 249 I BGB.

Die der Vorenthaltung des fehlenden Schlüssels innewohnende Substanzverletzung beschränke sich nicht allein auf diesen Schlüssel und der geschuldete Schadensersatz damit nicht auf den verhältnismäßig geringfügigen Betrag für das Nachmachen des Schlüssels. Vielmehr habe der Beklagte auch in die substanzielle Funktionalität der Gesamtheit der Bestandteile der Sache „Schließanlage“ eingegriffen. Denn diese sei dadurch, dass der Verbleib des fehlenden Schlüssels dauerhaft ungeklärt bleibt, in ihrer Funktion beeinträchtigt. Der Substanz der Schließanlage wohne auch die Funktion inne, dass niemand die zu ihr gehörenden Schlösser auf- und zusperren kann, der nicht berechtigt im Besitz eines zu ihr gehörenden Schlüssels ist. Die durch den unbekannt verbliebenen Schlüssel begründete Missbrauchsgefahr verletze somit nicht nur das Eigentum an dem Schlüssel selbst, sondern zusätzlich die Sachgesamtheit Schließanlage für das Gesamtgebäude.

Hierbei komme es nicht darauf an, ob der Vermieter die Schließanlage tatsächlich und zeitnah ausgewechselt hat. Denn soweit er dies unterlässt, handele er auf eigenes Risiko. Dann stehe dem Gewinn der „abstrakt“ liquidierten Schadensersatzsumme der materielle Verlust gegenüber, der sich im Falle der Verwirklichung der Missbrauchsgefahr durch Diebstahl oder Vandalismus Dritter niederschlägt, ohne dass diese Folgeschäden der ursprünglichen Pflichtverletzung des Mieters noch haftungsrechtlich zurechenbar und von diesem zu ersetzen wären. Aufgrund dieser Risikoverteilung sei die Entscheidung des Vermieters, Schadensersatz zu verlangen und die Schließanlage trotzdem (zunächst) nicht zu erneuern, auch nicht etwa treuwidrig. Der Grundsatz, dass der Geschädigte in der Verwendung des Geldschadensersatzes frei ist, greife somit auch im vorliegenden Fall Platz.


Tags: Schadenersatz, Schließanlage, Schlüsselverlust,

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