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17.03.2016

BAG zur Wahrung einfacher tariflicher Ausschlussfristen durch Klageerhebung

Arbeitsverträge enthalten oft so genannte materiellrechtliche Ausschlussfristen. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verjähren nach der regelmäßigen Verjährungsfrist der §§ 195 ff BGB, 3 Jahre nach ihrer Entstehung. Zur Verkürzung dieser – relativ langen – Verjährungsfrist ist es gängige Praxis, im Arbeitsvertrag sogenannte materiellrechtliche Ausschlussfristen zu vereinbaren. Möglich ist auch, solche Ausschlussfristen tarifvertraglich zu regeln. Derartige Klauseln sehen regelmäßig 2 Stufen für die Geltendmachung vor: zunächst wird eine Frist für die außergerichtliche Geltendmachung etwaiger Ansprüche vereinbart, nach Ablauf dieser Frist oder fehlender Reaktion der jeweils anderen Seite innerhalb einer bestimmten Frist wird dann eine 2. Ausschlussfrist für die gerichtliche Geltendmachung vereinbart. Werden die Ansprüche dann nicht innerhalb dieser Fristen in der entsprechenden Form geltend gemacht, verfallen die Ansprüche und sind nicht mehr durchsetzbar. Die jeweils andere Seite kann sich dann auf den Untergang der Ansprüche berufen und die Erfüllung ablehnen.

Im zugrunde liegenden Fall war der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) anwendbar. Dort war in § 37 geregelt, dass  Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Der Kläger reichte gegen Ende dieser 6-monatigen Frist direkt Klage beim zuständigen Arbeitsgericht ein. Die Frist lief am 30.12.2013 ab, die Klageschrift wurde der Gegenseite aber erst am 7.1.2014 zugestellt. Der Kläger vertritt die Auffassung, die Klageschrift habe die Frist gewahrt, weil der Eingang der Klageschrift bei Gericht ausreichend sei. Er beruft sich dabei auf § 167 ZPO, wonach eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Eingangs bei Gericht eintrete, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Der Kläger argumentiert, diese Vorschrift, die jedenfalls für bestimmte Maßnahmen gegen den Ablauf von Verjährungsfristen diese Rückwirkung ausdrücklich regele, sei auch auf die Einhaltung tariflicher Verfallfristen anzuwenden. Die Beklagte sieht das naturgemäß anders und wendet ein, dass es bei außergerichtlichen Fristen allein auf den tatsächlichen Zugang des Anspruchschreibens bei der Gegenseite ankomme.

In den Vorinstanzen hatte die Klage noch Erfolg; das BAG hob diese Entscheidungen allerdings auf und wies die Klage ab (Urteil vom 16.3.2016, Aktenzeichen: 4 AZR 421/15). Tarifliche Ausschlussfristen können durch ein bloßes Anspruchsschreiben gewahrt werden, so das BAG. Auf derartige Fristen sei § 167 ZPO jedoch nicht anwendbar. Das BAG folgt damit einer langjährigen Rechtsprechung, nach der der Gläubiger einer Forderung sich den Zeitverlust durch die gerichtliche Inanspruchnahme, die zur Wahrung der Frist nicht einmal notwendig ist, selbst zuzurechnen hat. Mangels Rückwirkung war daher die Zustellung der Klageschrift am 7.01.2014, in der der Arbeitgeber erstmals von der Anspruchstellung Kenntnis erlangte, zu spät und die Klage daher abweisungsreif.


Tags: Fristwahrung durch gerichtliche Geltendmachung, materielle Ausschlussfristen, Rückwirkung der Zustellung,

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