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08.02.2016

Ausschlagungserklärung nach der Europäischen Erbrechtsverordnung

Der Europäische Gesetzgeber wollte mit Einführung der Europäischen Erbrechtsverordnung auf die globale Entwicklung auch in Erbfällen reagieren. In der Praxis haben eine Vielzahl von Nachlässen Gegenstände bzw. Immobilien im Ausland, der Erblasser lebte im Ausland oder die Erben sind im Ausland ansässig. Dies alles „zusammenzubringen“, also den unterschiedlichen Rechtsordnungen und auch den unterschiedlichen Sprachen sowie den verschiedenen Gerichtspraxen Rechnung zu tragen, ist eigentlich Aufgabe des neuen Gesetzes. Aber – kann es diese Anforderungen auch erfüllen?

Das OLG Schleswig hatte sich in einem Beschluss vom 11. 2. 2015 mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die in englischer Sprache abgefasste Erklärung einer in England lebenden Erbin einer deutschen Erblasserin, sie lehne die Übernahme jeglicher Haftung für Kosten und Ausgaben der Erblasserin ab, eine wirksame Erbschaftsausschlagung darstellt. Die Erblasserin selbst wohnte in Deutschland und hatte ihrerseits keine Rechtswahl getroffen, so dass deutsches Erbrecht maßgeblich war.

Die Erbin hatte in England auf Englisch erklärt, nicht haften zu wollen. Grundsätzlich ist richtet sich die Wirksamkeit einer Erbschaftsausschlagung nach Art. 28 ErbVO. Für die Form der Ausschlagungserklärung ergibt sich das einschlägige Recht nach Art. 21 und 22 ErbVO, also das Recht desjenigen Mitgliedstaates, in dem sich der Erblasser gewöhnlich aufhielt oder das er wirklich gewählt hatte. Über Art. 28 ErbVO wird das maßgebliche Recht erweitert, nämlich auf das Ortsrecht desjenigen Mitgliedstaates, in welchem der die Anschlagen erklärende Erbe seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das OLG Schleswig vertrat die Auffassung, dass die Erklärung selbst zwar entsprechend den ortsüblichen Gepflogenheiten privatschriftlich abgegeben werden konnte, hielt allerdings deren Abfassung in englischer Sprache nicht für ausreichend. Hinzu kam, dass die abgegebene Erklärung im Sinne des deutschen Rechts nicht zweifelsfrei klar zum Ausdruck bringe, dass damit eine Erbschaftsausschlagung verbunden sein solle. Nachdem vorliegend die Erbin sogar auf die Problematik hingewiesen worden war, dann allerdings nicht mehr reagierte, müsse sie nun mit dem Ergebnis leben, dass eine Ausschlagungserklärung nach deutschem Recht formwirksam nicht abgegeben worden sei.

Erschwerend hinzukommt, dass die Erbrechtsverordnung für das vereinigte Königreich, für Irland und Dänemark streng genommen nicht anwendbar ist, also die dortigen Erleichterungen nicht per se greifen.

Für die Praxis heißt dies: Der Erbe sollte auf Nummer sicher gehen und mit Blick auf die verlängerte Ausschlagungsfrist von 6 Monaten nicht nur in seiner Landessprache eine Erklärung abgeben, vielmehr sich erkundigen, welchen Inhalt die Erklärung haben muss und ein entsprechendes Dokument auch in der Gerichtssprache des Landes abgeben, dessen Erbrecht maßgeblich ist.


Tags: Ausschlagung, ErbVO,

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