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12.01.2016

Zumutbares Lüftungsverhalten im Mietverhältnis

Ein Mieter kürzt nach dem Auftreten von Schimmel in der Wohnung die Miete. Die seitens des Vermieters eingereichte Klage auf die Differenzmiete ist in 1. Instanz erfolgreich. Das Gericht hatte ein Sachverständigengutachten zu der Ursache der Schimmelbildung eingeholt. Der Gutachter kam im wesentlichen zu folgendem Ergebnis: die Schimmelbildung gehe nicht auf von außen auf die Wohnung einwirkende Feuchtigkeit zurück ; der Schimmel sei vielmehr durch das Wohnverhalten des Mieters hervorgerufen, der trotz ausreichender Beheizung der Wohnung eine Schimmelbildung nur durch ein 3-4 mal tägliches Stoßlüften für 5-10 Minuten vermeiden könne. Einem berufstätigen Mieter könne ein solches Lüftungsverhalten jedoch nicht zugemutet werden. Entsprechend müsse der Vermieter sein Gebäude an die heutigen Anforderungen anpassen, einer Schimmelbildung daher bauphysikalisch entgegenwirken, sodass es auch einem berufstätigen Mieter möglich sei, durch Lüften einer Schimmelbildung vorzubeugen.

Das gegen dieses Urteil gerichtete Berufungsverfahren hatte vor dem LG Frankfurt/Main, Urteil vom 16.01.2015 – 2-17 S 51/14- Erfolg. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kommt das Landgericht unter Zugrundelegung des Sachverständigengutachtens zu dem Ergebnis, dass die aufgetretene Mangelhaftigkeit auf eine Obhutsverletzung des Mieters zurückzuführen ist. Nachdem der Schimmel wegen zu feuchter Raumluft und damit einhergehender Tauwasserbildung insbesondere an den bauphysikalischen Wärmebrücken auftritt und außerdem bei der erfolgten Messung im Wohnzimmer eine zu hohe permanente relative Luftfeuchtigkeit von 65% bis hin zu 80% gemessen wurde, währenddessen dort, wo – wie im Bad – eine Zwangslüftung existiert, überhaupt kein Schimmel aufgetreten ist, liege die Ursache im Wohnverhalten des Mieters. Diesem ist das vom Sachverständigen für erforderlich gehaltene drei- bis viermalige Stoßlüften zur Vermeidung von Tauwasser an den Wärmebrücken auch zumutbar. Erschwerend kam hinzu, dass der Mieter in der Küche eine Waschmaschine und einen Trockner betrieb, obwohl es im Keller des Hauses einen Waschraum gibt. Soweit während der beruflichen Abwesenheit keine Luftfeuchtigkeit durch Duschen, Kochen bzw. Wäschewaschen und Wäschetrocknen produziert werden könne, sei ein Lüften während der Abwesenheit des Mieters  auch nicht erforderlich.

Die Entscheidung folgt dem Gedanken, dass auch der Mieter Obhutspflichten hinsichtlich der überlassenen Wohnung gegenüber dem Vermieter hat. Hierzu gehört die Verpflichtung, für eine ausreichende Lüftung der Wohnung zu sorgen. Welches Lüftungsverhalten ausreichend bzw. notwendig ist, beurteilt sich maßgeblich an dem Nutzungsverhalten des Mieters. Dabei wird gerne übersehen, dass sich eine erhöhte Luftfeuchtigkeit nicht unbedingt durch einmaliges Stoßlüften aus der Wohnung entfernen lässt. Feuchtigkeit wird im Putz, in Möbeln, Handtüchern und im Teppichboden gespeichert und von dort erst langsam an die Raumluft abgegeben. Trockene Luft lässt sich schneller erwärmen als feuchte Luft. Insofern sollte es einem Mieter auch einleuchten, dass vor dem Aufdrehen der Heizkörper ein kurzes Durchlüften der Wohnung sinnvoll und geboten ist. Es ist gerade nicht ausreichend, nach dem Kochen oder Duschen einmal kurz das Fenster zu öffnen.

Die Entscheidung ist deshalb besonders begrüßenswert, weil von vielen Amtsgerichten immer noch die Auffassung vertreten wird, dass einem berufstätigen Mieter lediglich ein 2 bis 3-maliges Stoßlüften zumutbar ist.


Tags: Minderung, Schimmeldbildung, zumutbares Nutzungsverhalten,

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