Telefon: 0911. 37 66 94 4
29.02.2016

Wenn der Arbeitnehmer während der Freistellung zwecks Überstundenabbaus krank wird

In vielen Arbeitsverträgen ist vorgesehen, dass die Arbeitnehmer geleistete Überstunden auf einem Überstundenkonto ansparen können und wahlweise diese Stunden auszahlen lassen oder durch Freizeit von der Arbeitsleistung freigestellt werden. Aber wie ist das eigentlich, wenn der Arbeitnehmer während einer solchen Freistellungsphase erkrankt? Gilt dann analog der Regelungen nach dem Bundesurlaubsgesetz, dass Freizeit nicht Krankheit bedeutet und die Zeit der Arbeitsunfähigkeit dann nochmals zu gewähren ist?

Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber zum Abbau der Überstunden den Arbeitnehmer von der Arbeit freigestellt. Dieser war während der Freistellungsphase erkrankt. Der Zeitraum der Freistellung betrug 472 Überstunden. Während der Freistellungsphase wurde durch die Arbeitgeberinnen der Lohn weiter bezahlt. Die Arbeitgeberinnen kürzte vereinbarungsgemäß die Überstunden in dem Umfang, in dem der Arbeitnehmer der Arbeit fernblieb. Damit war dieser nicht einverstanden, da er der Ansicht ist, ihm sei der Zeitraum, in dem er arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, aufzusparen. Immerhin habe er die Freizeit aufgrund der Erkrankung nicht so nutzen können, wie er es geplant habe. Er erhob daher Klage in Höhe der Stunden, die im nach seiner Auffassung unberechtigterweise abgezogen worden.

Das Arbeitsgericht Trier hielt die Überstundenkürzung trotz Arbeitsunfähigkeit für rechtens. Das Risiko, die Freizeit nicht so wie geplant verbringen zu können, trage grundsätzlich der Arbeitnehmer. Eine entsprechende Anwendung des § 9 Bundesurlaubsgesetz scheide aus.

Das LAG Mainz bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Berufung des Arbeitnehmers [LAG Mainz, Urteil vom 19.11.2015 - 5 Sa 342/15 -]. Es bestehe kein Anspruch, eine Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto in Höhe der Zeit zu bekommen, für die er arbeitsunfähig krankgeschrieben worden sei. Die Arbeitgeberinnen habe zu Recht Zweck Überstundenabbau freigestellt und dürfe deswegen auch in voller Höhe die Freistellungszeit berücksichtigen. Eine Verpflichtung, die durch Krankheit verlorenen Überstunden nach zu gewähren, bestehe nicht.

Die Möglichkeit, Zweckabbaus von Überstunden den Arbeitnehmer bezahlt von der Arbeit freizustellen, war im vorliegenden Fall im Arbeitsvertrag geregelt worden. Aber auch ohne eine solche Regelung ergibt sich diese Möglichkeit auch ohne Zustimmung des Arbeitnehmers aus dem Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 der Gewerbeordnung. Nach dieser Vorschrift kann der Arbeitgeber Freizeitausgleich anordnen.

Anders liegt der Fall, wenn ein Arbeitnehmer während des genehmigten Jahresurlaubs erkrankt. Hier besteht die gesetzliche Regelung in § 9 Bundesurlaubsgesetz, dass die Krankheitstage auf den Jahresurlaub nicht angerechnet werden. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf den Fall des Überstundenabbaus schloss das LAG jedoch aus. Es begründet dies damit, dass es sich hierbei um eine Ausnahmeregelung handelt, die expressis verbis nur für den Erholungsurlaub gilt. Eine vergleichbare Interessenslage bestehe bei dem Freizeitausgleich zu Urlaubsgewährung gerade nicht. Denn die Arbeitsbefreiung zum Abbau von Überstunden dient nicht einem zusätzlichen Erholungsbedürfnis des Arbeitnehmers, sondern vielmehr der Einhaltung vertraglich vereinbarter Arbeitszeiten.


Tags: Kranheit während Freistellung, Überstundenabbau,

Warning: Undefined array key "HTTP_REFERER" in /homepages/28/d627705990/htdocs/kanzlei-reichert.de/inc/classes/class.News.php on line 755
← zurück