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12.04.2016

Grundstückserwerb durch Wohnungseigentümergemeinschaft

Eine Wohnungseigentumsanlage besteht aus 31 Wohneinheiten. Es befinden sich aber nur 6 PKW-Stellplätze auf dem Grundstück der WEG. Die Zuordnung dieser Stellplätze erfolgt zu den Wohnungen 26-31, die Wohnungen 1-25 nutzen einen PKW-Stellplätze auf dem Nachbargrundstück, das im Zeitpunkt der Errichtung der Teilungserklärung im Jahr 1982 noch im Eigentum des Bauträgers stand. Durch eine Baulast wurde der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nachgekommen, die erforderlichen Stellplatznachweise zu erbringen; gleichzeitig verpflichtete sich der Bauträger, die Stellplätze der WEG zur Verfügung zu stellen. Entsprechend wurden sie dann in den folgenden Jahren auch ausschließlich durch die Wohneigentümer der Wohnungen 1-25 genutzt. Das Grundstück, auf dem sich diese Stellplätze befinden, wechselt den Eigentümer. Der neue Eigentümer möchte die Stellplätze ab sofort nicht mehr der WEG unentgeltlich zur Verfügung stellen. Er bietet den Eigentümern deshalb den Abschluss eines Mietvertrages oder, alternativ, den Kauf des Grundstücks an. Die Eigentümer beschließen darauf hin, dass das Nachbargrundstück zu einem Kaufpreis von maximal Euro 75.000,00 erworben werden soll und die Kosten für den Kauf zu 15 % von allen Eigentümern und zu 85 % von den Eigentümern der Wohnungen 1-25 getragen werden sollen, die letztlich die Stellplätze auch nutzen.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete Anfechtungsklage wurde nun vom BGH mit Urteil vom 18.3.2016, Az.: V ZR 75/15, endgültig zurückgewiesen. Die Beschlüsse entsprächen allesamt ordnungsgemäßer Verwaltung.

Das Gericht setzte sich zunächst mit der Frage der notwendigen Beschlusskompetenz für den Erwerb eines Grundstücks durch die Wohnungseigentümergemeinschaft auseinander. Es sei mittlerweile anerkannt, dass die WEG als teilrechtsfähiger Verband von seiner Rechtspersönlichkeit her Immobilieneigentum erwerben und als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen werden kann. Deshalb sei die WEG in der sie repräsentierenden Eigentümerversammlung die Beschlusskompetenz jedenfalls dann zuzubilligen, wenn der Erwerb Angelegenheiten betrifft, die Gegenstand der Verwaltung nach § 21 Abs. 1 WEG sind. Im konkreten Fall wurde dies bejaht, weil der Grundstückserwerb in einem räumlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang der WEG zu sehen war.

Auch im Übrigen entsprachen die Beschlüsse über den Ankauf und die Finanzierung dieses Kaufs ordnungsgemäßer Verwaltung. Das Grundstück hatte für die Wohnungseigentumsanlage von Beginn an eine dienende und auf Dauer angelegte Funktion, die mit dem Erwerb aufrechterhalten werden sollte. Die benachbarte Fläche diente seit Errichtung der Wohnungseigentumsanlage als Parkplatz und – über die Baulast – zugleich der Erfüllung des nach öffentlichem Recht erforderlichen Stellplatznachweises. Die Baulast gewährte den Wohnungseigentümern allerdings weder einen Nutzungsanspruch noch verpflichtete sie die Grundstückseigentümerin der Stellplätze zur Duldung. Der Ankauf des Grundstücks diente daher allein der Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für die weitere Nutzung.  Auch den gewählten Kostenverteilungsschlüssel, der sich an dem Nutzungsvorteil für den jeweiligen Wohnungseigentümer orientierte, beanstandete der BGH nicht.

Der Beschluss, in dem die Eigentümer über den Ankauf abstimmten, konnte hier mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Dieser gab sich im vorliegenden Fall aus § 21 Abs. 3 WEG. Das hatte seinen Grund darin, dass auf dem benachbarten Grundstück, das rechtlich nicht in die WEG eingebunden war, keine Vereinbarung bestand. Da keine Umgestaltung des Grundstücks erforderlich war, handelte es sich auch nicht um eine bauliche Veränderung im Sinne von § 22 WEG, wofür eine doppelt qualifizierte Mehrheit oder sogar Einstimmigkeit erforderlich gewesen wäre.


Tags: Grundstückskauf durch WEG, Kostenverteilungsschlüssel, Mehrheitsbeschluss; Beschlusskompetenz,

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