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28.05.2014

Auslegung eines Testaments zur Frage einer Ersatzerbeneinsetzung bei Ausschlagung der Erbschaft durch den überlebenden Ehegatten

Gerade dann, wenn ein Testament privatschriftlich und ohne Hinzuziehung eines juristischen Beraters errichtet wird, finden sich in der Praxis oft Unklarheiten oder Lücken. Was zum Beispiel passiert, setzen sich Ehegatten wechselseitig zu Alleinerben ein und als Schlusserben einseitig mit ihnen verwandte Personen, wenn der überlebende Ehegatte ausschlägt? Das Testament, das das OLG Hamm mit Beschluss vom 14.03.2014 zu beurteilen hatte, verfügte nicht über eine klare Ersatzerbenbestimmung.

Bei Errichtung eines Testaments ist es von immenser Wichtigkeit, auch Situationen zu bedenken, die aus Sicht des Erblassers nicht unbedingt wahrscheinlich eintreten, so zum Beispiel die Ausschlagung durch den Alleinerben. Mittels einer sogenannten Ersatzerbenbestimmung können auftretende Lücken dann ausgefüllt werden. Ist ein solcher Ersatzerbe allerdings nicht ausdrücklich bestimmt, muss sich das Gericht auf die Suche begeben, inwieweit durch Auslegung des Testaments eine solche konkludente Bestimmung anzunehmen ist. Die Testamentsauslegung hat zum Ziel, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen. Grundsätzlich ist Ausgangspunkt der Wortlaut des Testaments, wobei allerdings auch Nebenumstände außerhalb des Testaments zur Auslegung heranzuziehen sind. Dazu gehört das gesamte Verhalten des Erblassers, seine Äußerungen und Handlungen.

Auf dieser Basis nahm das OLG Hamm in dem entschiedenen Fall an, dass dem Ehegattentestament bei Errichtung die Erwartung zu Grunde lag, dass der überlebende Ehegatte das ihm Zugewandte auch annimmt. Möchte der überlebende Ehegatte dies nicht, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Schlusserbe des Letztversterbenden gleichzeitig Ersatzerbe des Erstversterbenden werden soll; Grundlage für diese Bestimmung war gerade, dass der überlebende Ehegatte nicht ausschlägt. Gerade in dem Fall, dass der überlebende Ehegatte sich dem Willen des Verstorbenen »widersetzt« entzieht dem gesamten Konstrukt den Boden.


Tags: Ersatzerbe; Auslegung; Testament,

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